Wirtschaftslage Japan
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Industrie, eine traditionell ausgeprägte Arbeitsdisziplin, die Beherrschung von Spitzentechnologie, ein großes Augenmerk des Staates auf Ausbildung und eine Steigerung der Produktivität durch Automatisierung haben dazugeführt, dass sich Japannach dem Zweiten Weltkrieg –als Japans Wirtschaft vollständig am Boden lag -binnen kurzer Zeit zur neuen Wirtschaftssupermacht des letzten Jahrhunderts entwickeln konnte. Über drei Jahrzehnte hinweg hatte Japan ein rasantes Wirtschaftswachstum zu verzeichnen: So lag das Durchschnittswachstum in den 1960ernbei 10%, durchschnittlich 5% in den 1970ern, und 4% Wirtschaftswachstum in den 1980ern. In den 1990ern brach das Wachstum ein. Als Japans Zentralbank aus Angst vor der zunehmenden Inflation ihre Billig-Geld-Politikaufgab und die Zinsen drastisch erhöhte, gingen viele Unternehmen in die Insolvenz, Kredite konnten nicht mehr bedient werden. Aus der Wirtschaftssupermacht Japan wurde ein wankender Gigant. Staatliche Versuche zur Wiederbelebung des Wirtschaftswachstums hatten zunächst keinen Erfolg und wurden später während der Jahre 2000 und 2001 zusätzlich durch eine Verlangsamung der amerikanischen und asiatischen Märkte gehemmt.2012 wurde Shinzo Abe zum neuen Premierminister Japans gewählt. Abe versprach die japanische Wirtschaft mit radikalen Reformen aus ihrer zwei Jahrzehnte andauernden Stagnation zu befreien. Die „Abenomics“ genannte Strategie sieht eine aggressive Geldpolitik der Notenbankvor (der Leitzins der Japanischen Zentralbank (BoJ) ist negativ), ein massives, schuldenfinanziertes Konjunkturprogramm, sowie tiefgreifende Strukturreformen in den Bereichen Arbeitsmarkt, Gesundheitswesen, Energiepolitik und Einwanderungspolitik. Zudem wurde der vorher vernachlässigte Tourismusbereich gefördert und das Land für ausländische Investitionen geöffnet. Das Wachstum sollte auf über 3% gesteigert werden. Diese Strategie verbesserte zwar die Stimmung in der japanischen Wirtschaft, konnte das Wachstum bislang jedoch nicht nachhaltig steigern. Vielmehr trieb die StrategieJapans Staatsverschuldung weiter in die Höhe. Zudem ist Japan seit der Fukushima-Katastrophe und der nachfolgenden Abschaltung der Kernkraftwerkte abhängig von Öl-, Gas-und Kohleimporten aus dem Ausland. Dies führte zu einer negativen Handelsbilanz, die bis 2015 anhielt. Auch wenn einige Kernreaktoren inzwischen wieder angefahren sind, ist Japan als rohstoffarmes Land weiterhin in hohem Maße auf Importe aus dem Ausland angewiesen. Das gilt vor allem für die Bereiche Energie- und Lebensmittelversorgung. Heute ist Japan trotz der fast seit 3 Jahrzehnten währenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten hinter den USA und der VR China weiterhin die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Das nominale BIP lag 2017 bei 4.870 Mrd. USD. Damit erwirtschaftete Japan mit einer Bevölkerung von 126,5 Mio. Einwohnern rund 6% des Welt-BIP. Dank seiner rasanten Wirtschaftsentwicklung der letzten Jahrzehnte verfügt das Land über eine breit aufgestellte, technologisch hoch entwickelte und exportorientierte Wirtschaftsstruktur. Dazu gehören neben den international bekannten Großunternehmen auch eine sehr große Anzahl kleiner und mittelständischer Unternehmen. Die Wirtschaftsstruktur Japans gilt in Forschung, Entwicklung und Produktion im Maschinen-und Automobilbau, in der Elektronik-und der Chemieindustrie weltweit als führend. Japan hat jedoch seit den 80er Jahren enorm an Bedeutung als Wirtschaftsmacht eingebüßt. Für die Zukunft ist fraglich, ob und wie lange Japan seine vordere Position auf den Weltmärkten halten kann. Die althergebrachten Strukturen, die einst den Aufstieg Japans zur Wirtschaftssupermacht bedingten (bspw. die staatliche Lenkung der Wirtschaft, sehr loyale Arbeitnehmerschaft mit großer Opferbereitschaft aber wenig Eigeninitiative, wenig Diversifikation in der Unternehmensführung, geringer Wettbewerb der etablierten Großunternehmen untereinander) stellen in der Gegenwart eher ein Hemmnis für wirtschaftliches Wachstum dar. Um international nicht weiter zurückzufallen, braucht Japan insbesondere Wirtschaftswachstum und Strukturreformen. Andere G7-Länder wachsen gegenwärtig schneller. Daher versucht die Regierung auf mehreren Ebenen anzusetzen, um Potenziale der Wirtschaft zu heben und die Herausforderungen zu meistern. Gerade vor dem Hintergrund zunehmender protektionistischer Tendenzen in der Weltwirtschaft will Japan aktuell die internationale Kooperation auf nationaler und unternehmerischer Ebene.
Besonders wegen der traditionell schwachen Binnennachfrage und einer rasch alternden Bevölkerung bleibt der Export für Japan essentiell. Daher setzt die japanische Regierung auf Internationalisierung und Förderung des freien und fairen Handels.Verfolgt wird dies unter anderem mit zwei wichtigen Handelsverträgen. Dazu zählen zum einen das regionale Abkommen CPTPP und zum anderen das Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU.
Nach dem Rückzug der USA aus dem TPP (Trans-Pacific Partnership)-Abkommen haben sich die 11 verbliebenen Staaten, darunter Japan, im März 2018 das in einigen Punkten nachverhandelte Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP) unterzeichnet. Daneben verhandelt Japan das RCEP (Regional Economic Comprehensive Partnership) Abkommen mit zehn ASEAN-Mitgliedsstaaten mit sechs weiteren Staaten. Japan profitiert von der wirtschaftlichen Integration Asiens und dem Aufholprozess der asiatischen Schwellenländer. Gleichzeitig muss sich die Insel, um sich im Wettbewerb mit anderen aufsteigenden Ländern der Region behaupten zu können, weiter modernisieren und internationalisieren.
Ende 2017 konnten die seit 2013 laufenden Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen Japan und der EU erfolgreich abgeschlossen werden. Am 17. Juli 2018 wurde das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen unterzeichnet. Es ist im Februar 2019 in Kraft getreten. Das Abkommen über die größte Freihandelszone der Welt soll als Zeichen gegen die Außenwirtschaftspolitik Trumps verstanden werden, der Handelsüberschüssen der EU oder Chinas mit Strafzöllen begegnet. Hier bieten sich internationale Kooperationen insbesondere im Bereich der Gesundheitswirtschaft an. Als der weltweit am schnellsten alternden Gesellschaft kommt Japan hier eine Pionierfunktion zu. Die Deutsche Gesellschaft für Handel und Außenwirtschaft prophezeit, dass sich die Gesundheitswirtschaft zu einem noch wichtigeren Bereich der japanischen Wirtschaft entwickeln wird. Da die Nachfrage nach neuen Produkten, etwa aus den Bereichen Medizintechnik, Robotik und Medikamente, aufgrund der demografischen Entwicklung zukünftig auch in anderen fortgeschrittenen Ländern steigen wird, bieten sich hier Möglichkeiten für gemeinsame Innovationen und Vermarktung.
(Germany Trade & Invest 2020)